Mit Charme und Groove durch die Corona-Zeit | 04.02.22

Ralf Gehler (Foto: Severin Rühling)

Traditionell eröffnet "Folk im Fluss" in Frankfurt/Oder am letzten Januar-Wochenende die Saison. Lange Zeit war nicht klar, ob das Festival verschoben werden müsste wie 2021. Dann durfte es mit Einschränkungen doch stattfinden. Thomas Strauch als Veranstalter resümierte: „Es war alles noch ein wenig kleiner als sonst, aber dadurch auch noch intimer. Die Bands, die Sessions und die Gespräche waren rundum wundervoll“. In dasselbe Horn stießen Musiker, die beim Festival auftraten, wie Tim Liebert von Hüsch aus Jena, Vivien Zeller von den TradTöchtern aus Berlin und Ralf Gehler aus Schwerin. Dies sind seine Festival-Impressionen:

Frankfurt an der Oder. Eine Möbelfabrik des 19. Jahrhunderts. Aufragende Backsteinwände, große Tore zur Ein- und Ausfahrt der Pferdefuhrwerke. Im Hof hallt jeder Schritt. Ein Ort der Vergangenheit mit einem Charme, der erst in den letzten Jahren aufstieg.

Kulturmanufaktur Gerstenberg in Frankfurt/Oder
Kulturmanufaktur Gerstenberg (Foto: Wolfgang Leyn)

Wir entdecken die Arbeitssphären unserer Urgroßeltern als „schön“. Was für eine Chance für junge Kulturprojekte, diese Räume zu besiedeln und mit neuem Leben zu erfüllen. Linda Pickny und Thomas Strauch schufen hier die Kulturmanufaktur Gerstenberg - einen wunderbaren Ort für Kunst und Musik.„Folk im Fluss“ ist eine bereits fest fixierte Veranstaltungsreihe am Ort. Zum achtzehnten Mal fand nun „FiF“ vom 28.01. bis 29.01.2022 statt. Im Zeitalter von Gesichtsmasken, Schnelltests und reduzierten Möglichkeiten des Publikumsverkehrs war es eine abgespeckte Variante, zwei Abende mit je zwei Kapellen und alles in der „KUMA“.

Ich selbst hatte die Ehre, zusammen mit meinem Kollegen Christian Radewald, das Publikum am ersten Abend musikalisch in den Wilden Westen zu entführen. Was für ein Publikum! Ausgelaugt von Jahren des kulturellen Mangels genoss es offensichtlich jede gespielte Note. Doc Taylor and The Red-Haired Girl aus Thüringen waren mit von der Partie. Kollegen der besten Sorte, was sich an den langen Abenden danach, guten Gesprächen und wunderbaren selbstgebrannten Schnäpsen eindrucksvoll bewies.

Doc Taylor and The Red-Haired Girl bei "Folk im Fluss" 2022 (Foto: Linda Pickny)

Frei von Lampenfieber ging es am frühen Samstagmorgen – so gegen 13 Uhr – in ein Café an der Oder. Diskussionen über Musik, Deutschfolk und was zu tun sei. Guter Kuchen! Mit Tradsch ging es in den Abend. Tim Liebert und Nico Schneider wechselten in die Welt des Deutschfolks und begeisterten mich. Drive, Witz und tolle Arrangements. Thüringen stand im Mittelpunkt des Gesungenen. Dann konnte man im Geiste tanzen.

Die Familie Gerstenberg hatte ein Heimspiel mit traditioneller Tanzmusik. Die abwechslungsreichen Besetzungsformen und Arrangements machten die Instrumentalmusik jedoch auch für ein sitzendes „Corona-Publikum“ hörenswert. Viele selbst komponierte Stücke erklangen, häufig aus der Feder des jüngsten Bandmitglieds Marcus Fabian. Ich freue mich schon aufs Tanzen in der baldigen Zukunft. Vieles ist möglich in Frankfurt an der Oder, einer Stadt zwischen neuen Ideen und alten Bauten, zwischen Gründerzeit, DDR und heute. Folk passt dazu wie die Faust aufs Auge.

Frühere Meldung über "Folk im Fluss" 2022
Festival-Homepage