Workshop zur sorbischen Folklore in Bautzen - nicht in Cottbus! | 06.03.23

Kralsches Geigenspielbuch als Inspirationsquelle

wulke husle, Sorbisches Museum Bautzen (Foto: Jan Barth)
Große sorbische Geige (wulke husle), Sorbisches Museum Bautzen (Foto: Jan Barth)

Musiker und Musikerinnen mit Interesse an sorbischer/wendischer Folkloretradition sind vom 24. bis 26. März 2023 zum Workshop nach Bautzen eingeladen (nicht nach Cottbus, wie ursprünglich geplant). Das Sorbische Nationale-Ensemble hat dafür Melodien aus dem Kralschen Geigenspielbuch vom Ende des 18. Jahrhunderts ausgewählt. Anleitung gibt unter anderem der polnische Musikethnologe, Komponist und Multiinstrumentalist Maciej Rychły aus Danzig. Wer sich über www.ansambl.de/ensemble/nachwuchsstudio/lab-1 anmeldet, erhält zur Vorbereitung Noten zugeschickt. Anmeldungen sind bis zum 17.03.2023 möglich, später nur bei freien Kapazitäten. Der Workshop findet im Saal des Sorbischen National-Ensembles in Bautzen statt (Äußere Lauenstraße 2). Am Samstagabend, dem 25.03., gibt es dort um 19.30 Uhr einen Tanzabend mit Serbska reja und dem Tanzlehrer des Sorbischen National-Ensembles Georgi Marinov. Für Sonntag, dem 26.03., ist um 16 Uhr die Abschlusspräsentation angesetzt.

Erfolgreiche Premiere 2022

Ein Workshop zum selben Thema hatte schon im April 2022 in Bautzen stattgefunden, ebenfalls unter Leitung von Maciej Rychły. Erarbeitet wurden im „LAB-F - Laboratorium für traditionelle sorbische Musik“ fünf Stücke aus dem Kralschen Geigenspielbuch in unterschiedlichen Arrangements. Die teilnehmenden Musiker hatten große Freude am Zusammenspiel. Ebenso wie die Zuhörer bei der Abschlusspräsentation wünschten sie sich eine Fortsetzung, die nun für Ende März dieses Jahres geplant ist.

Eigenständige sorbische Musikkultur

Die Handschrift aus dem Nachlass des Musikenten Mikławš Kral mit Tänzen und Hochzeitsliedern gilt als älteste Niederschrift sorbischer Volks- und Tanzmelodien. Entstanden ist sie wohl zwischen 1780 und 1790. Wenn in Dokumenten aus dieser Zeit „wendische Dudelsackpfeiffer“ oder „wendische Musik“ erwähnt sind, dann spricht das für eine eigenständige, von der deutschen Umwelt unterschiedene Musikkultur. Bereits im 17. Jahrhundert taten sich Musikanten in Innungen zusammen, zum Beispiel in der Zunft der „wendischen Spielleute“ der Niederlausitz in und um Luckau. Diese sorgten einerseits für die Weitergabe des Repertoires und verteidigten andererseits die Rechte der sorbisch/wendischen Musikanten gegenüber der Konkurrenz durch festangestellte deutsche Stadtpfeifer.

Geige war wichtigstes Tanzmusikinstrument

Sorbischer Hochzeitszug, voran die Musikanten, Postkarte, um 1925, Sorbisches Museum
Hochzeitszug im katholischen Trachtengebiet, Postkarte um 1925, Sorbisches Museum

Mikławš Kral (1791-1812) stammte aus einem Dorf bei Bautzen/Budyšin in der Oberlausitz und war ein beliebter Musikant auf sorbischen Hochzeiten. Er spielte die große sorbische Geige (wulke husle) sowie Trompete. Musiziert wurde damals beim Hochzeitszug und zum Tanz entweder solistisch auf der großen sorbischen Geige bzw. dem Dudelsack, im Duo auf Dudelsack und kleiner Geige (małe husle) oder aber auf der großen Geige und der Klarinette.

Abhängig von den örtlichen Gegebenheiten (und wohl auch dem Geldbeutel der Brautleute) spielten zuweilen auch größere Besetzungen, etwa mit Schalmei, Posaune und Kontrabass. Das wichtigste Instrument für die sorbischen Volksmusikanten war die Geige. Mit ihr wurde die Melodie gespielt, verziert und variiert und zugleich das Tempo vorgegeben. Daher sind so gut wie alle überlieferten oder in Abschriften erhaltenen sorbischen Notensammlungen Geigenspielbücher - so wie das von Mikławš Kral.

Demnächst im folker: sorbische traditionelle Musik heute

Der folker, Zeitschrift für Folk, Lied, globale Musik und Artverwandtes, nimmt den Workshop in Heft 2/23 (Juni-Ausgabe) zum Anlass für einen Blick auf die traditionelle Musik des westslawischen Volkes zwischen Spreewald und Oberlausitz. Wer baut heute sorbische Geigen und Dudelsäcke? Wie wichtig sind Lieder für das Erlernen der Muttersprache? Und ist es cool, sie im Alltag zu sprechen? Wolfgang Leyn fragt den sorbisch/wendischen Folkmusiker und Kulturredakteur Gregor Kliem. Und so klingt ein Tanz aus dem Kralschen Geigenspielbuch, gespielt von Serbska Reja mit Gregor an der Nyckelharpa: www.youtube.com/watch?v=GsUobiNVvB4.

Mehr zum Thema im Online-Kulturlexikon SORABICON des Sorbischen Instituts in Bautzen und im Text von Detlef Kobjela (1944-2018): „SORBISCHE MUSIKKULTUR“ (2008).

Kralsches Geigenspielbuch, Sorbisches Museum (Foto: Jürgen Matschie)
Kralsches Geigenspielbuch, Sorbisches Museum (Foto: Jürgen Matschie)