Ein Folkstanz-Kleid im Museum | bis 26.09.21

Bis 26. September läuft im Stadtgeschichtlichen Museum Leipzig die Sonderausstellung „Kennzeichen L. Eine Stadt stellt sich aus“. Ein faszinierendes Sammelsurium unterschiedlichster Exponate steht dort für die historisch gewachsenen Eigenheiten der Leipziger Mentalität. Dazu gehören Bach-Porträt und Messemännchen ebenso wie die Werbe-Postkarte fürs Frauenwahlrecht von 1908, Stühle aus dem alten Gewandhaus, der Vervielfältigungsapparat einer kirchlichen Friedensgruppe vom Herbst 1989 – und ein bordeauxrotes Tanzkleid aus der DDR-Folkszene, deren heimliche Hauptstadt Leipzig seit Ende der 1970er-Jahre war.

Der Folkstanz-Rock in der Ausstellung „Kennzeichen L. Eine Stadt stellt sich aus“ (Foto: Wolfgang Leyn)

Christine Uhlmann, begeisterte Volkstänzerin und Tanzmeisterin, hat den mit Lochstickereien verzierten Unterrock aus Großmutters Zeiten damals umgefärbt und dadurch zum attraktiven Tanzkleid werden lassen. An den Volkstanzabenden in Leipzig ab 1980 trugen auch Mädchen und Frauen, die im Alltag eher Jeans bevorzugten, Kleider oder Röcke. Und was es nicht im Laden zu kaufen gab, das wurde in der Folkszene selber gemacht. Musikinstrumente wie Brummtopf, Drehleier und Dudelsack oder eben Kleider zum Tanzen.

Tausend Tänzer in Leipzigs Kongresshalle

In den 80er-Jahren wurde der Mitmach-Volkstanz (zum Unterschied zum Bühnentanz der Folkloreensembles) in der DDR-Folkszene immer populärer. Irland und Ungarn standen Pate, genauer gesagt die Dance Tunes des irischen Folkrevivals und die Vermittlungs-Methoden der ungarischen Táncház-Bewegung, mit Tanzmeister bzw.Tanzmeisterin und Vortanzpaaren. 1980 gründeten in Leipzig Freunde der Gruppe Folkländer die Tanzgruppe Kreuz und Square. Ähnliche Gruppen entstanden bald u. a. in Erfurt, Berlin und Halle.

Im Herbst 1983 nahm in Leipzig die einzige Volkstanzschule der DDR den Betrieb auf. In den folgenden 20 Jahren lernten dort rund 1.300 Tänzerinnen und Tänzer, wie man sich bei Polka, Mazurka, Rheinländer oder Quadrille fröhlich bewegt. 1986 fand, wiederum in Leipzig, das 1. internationale Tanzhausfest statt. Bis 1990 war es der jährliche Höhepunkt für alle Folkstanzgruppen der Republik, mit bis zu 1.000 Tänzern in der Kongresshalle. Christine Uhlmann gehörte, gemeinsam mit Sigrid Römer und Sigrid Doberenz zu den Organisationsteam. Das Festival hat die Wende und einen Generationswechsel erfolgreich überstanden und findet nach wie vor jedes Jahr zu Himmelfahrt statt, 2021 wegen Corona nur digital.

Tanzmeisterin Christine Uhlmann 1988 beim Kindertanzprogramm der Tanz & Spring Band im Leipziger Wildpark (Foto: Archiv Folkklub Leipzig)

„Kindertänze kannte ich noch aus meiner eigenen Kindheit und so ergab es sich, dass wir Kindertanzprogramme im Kindergarten unserer Kinder oder in den Kindergärten von Freunden mit großem Erfolg machten.“