Deutscher Weltmusikpreis 2023 für Folkländer | 10.07.23

Die 1976 in Leipzig gegründete Band erhielt in diesem Jahr beim Rudolstadt-Festival den Deutschen Weltmusikpreis RUTH fürs Lebenswerk. Folkländer war das Kreativzentrum der DDR-Folkszene. Die Band lud im Oktober 1976 zur ersten landesweiten Folkwerkstatt, brachte ab 1978 eigene Liederhefte heraus, sorgte mit für den Volkstanz-Boom, gründete einen Folkklub. Der gab ab 1984 das Leipziger Folkblatt heraus (das 1998 mit dem Bonner Folk-Michel zum Folker fusionierte) und organisierte ab 1986 das Leipziger Tanzhausfest, das bis heute jedes Jahr zu Himmelfahrt stattfindet. Durch Folkländer wurde Leipzig zur Folk-Hauptstadt der DDR.

Eine Chronik in Bildern

(Zugabe zum Nachhören: die Folkländer-LP von 1982 am Ende des Artikels)

Folkländer beim RUTH-Preisträgerkonzert am 7. Juli auf der Rudolstädter Burgterrasse
Folkländer beim Preisträgerkonzert am 7. Juli 2023 auf der Rudolstädter Burgterrasse (Foto: Wolfgang Leyn)

Es ist mir eine ganz besondere Freude, dass jene Folkband, die ich im Januar 1976 mitgegründet habe, in Rudolstadt, dessen Festival ich seit 1991 journalistisch begleite, den Deutschen Weltmusikpreis erhielt. Herzlichen Glückwunsch den Musikerinnen und Musikern der aktuellen sowie früherer Besetzungen, die beim Preisträgerkonzert nicht mit auf der Bühne standen.

Wolfgang Leyn

1976 | Folkländer spielt auf Einladung der befreundeten Band Brummtopf aus Erfurt beim dortigen Krämerbrückenfest. Von links: Peter Uhlmann, Wolfgang Leyn, Jürgen Wolff, Elke Raaz (verdeckt), Horst Gröschel, Gabil Lattke (Foto: Sammlung Wolfgang Leyn).

1976 | Session mit Musikern aus Leipzig, Berlin und Greifswald während der ersten DDR-offenen Folkwerkstatt in Leipzig, konzipiert und organisiert von Folkländer. (Foto: Harald Mohr)

1977 | Folkländer spielt zur Leipziger Herbstmesse Straßenmusik auf dem Markt. Von links: Ulrich Doberenz, Jürgen Wolff, Gabi Lattke, Erik Kross (Foto: Stefan Gööck).

1978 | Folkländer beginnt mit der Herausgabe eigener Liederhefte (Cover-Layout Jürgen Wolff). Insgesamt elf erscheinen. Folkbands in Erfurt, Cottbus, Potsdam und Neubrandenburg nehmen sich das zum Vorbild.

1980 | Folkländer und die neugegründete (Vor-)Tanzgruppe Kreuz & Square beim Mitmach-Volkstanz in Grimmen (Rügen) während der DDR-Arbeiterfestspiele (Foto: Stefan Gööck). Zusammen mit Brummtopf und Saitensprung in Erfurt sowie JAMS in Berlin machen sie den (Folks-)Tanz populär. 1989 gibt es in der DDR rund 30 Tanzgruppen, fünf allein in Leipzig.

1980 | Erste zentrale DDR-Folklore-Werkstatt in Leipzig - Mitveranstalter ist Folkländer (Plakat: Jürgen B. Wolff). Die Arbeitstreffen mit Konzerten, Workshops und Diskussionen, mit Sessions und viel Bier sind die wichtigsten Veranstaltungen der Szene - Informationsbörse, Familientreffen und Stimmungsbarometer zugleich.

1981 | Während der 2. zentralen DDR-Folkwerkstatt spielt die Hektik Drive Bigband unter Leitung von Folkländer-Mitglied Erik Kross zum Mitmach-Volkstanz. Die 27 Musiker stammen aus zwölf Bands zwischen Ostsee und Thüringer Wald (Foto: Matthias Möbius).

1982 | Als erste DDR-Folkband darf Folkländer beim (Monopol-)Label Amiga eine Langspielplatte einspielen (Cover-Layout: Jürgen B. Wolff).

1982 | Folkländer beim Festival des politischen Liedes in Berlin, gemeinsames Konzert mit Liederjan (BRD), Hom Bru und Dick Gaughan (Schottland). 1979 hatte Folkländer schon einmal an diesem renommierten internationalen Festival teilgenommen (Foto: Peter Uhlmann).

1982 | Leipziger Folksblatt, Mitteilungsblatt für die Teilnehmer der zentralen DDR-Folkwerkstatt in Leipzig. Hier Nummer 2 des zweiten Jahrgangs (Layout: Jürgen B. Wolff, Sammlung Wolfgang Leyn). Die geplante Nummer 3 ist wegen Streitigkeiten mit den Kulturbehörden nie erschienen.

1983 | Folkländer singt während der 4. zentralen DDR-Folkwerkstatt in Leipzig ein Protestlied gegen die Schließung des Malzhauses in Plauen, eines legendären Auftrittsorts der DDR-Folkszene (Foto: Gerald Schumann). Von links: Erik Kross, Jürgen B. Wolff, Manfred Wagenbreth, ganz rechts Jörg "Ko" Kokott (Wacholder, Cottbus) und Peter Miethe (Notentritt, Halle).

1984 | Der neugegründete Folkklub Leipzig unter Leitung von Folkländer-Mitglied Ulrich Doberenz organisiert die erste (und einzige) Volkstanzschule der DDR (Layout der Urkunden: Folkländer-Mitglied Gabi Lattke).

1984 | Die Großformation Folkländers Bierfiedler entsteht und spielt bei den immer populärer werdenden Folktanz-Abenden auf, organisiert vom Folkklub Leipzig (Pressebild).

1985 | Gemeinsam mit JAMS-Tanzhaus aus Berlin spielt Folkländer bei Amiga eine Folkstanz-LP ein. Novum für das Label ist die bedruckte Innenhülle, hier mit Tanzbeschreibungen (Platten-Cover: Jürgen B. Wolff, Zeichnungen auf der Hülle: Gabi Lattke).

1986 | Zu Himmelfahrt lädt der Folkklub Leipzig von da an jedes Jahr zum internationalen Tanzhausfest, dem zentralen Ereignis für die gesamte DDR-Folktanz-Szene. Hier Folkländers Bierfiedler im 1989. Von links: Volker Seumel, Jörg Wolf, Gabi Lattke, Holger Lattke, Manfred Wagenbreth, Heidi Eichenberg, nicht im Bild: Ulrich Doberenz (Foto: Archiv des Leipziger Folkklubs).

1991 | Das größte deutsche Folkfestival in Rudolstadt wurde und wird wesentlich durch Folkländer-Mitglieder geprägt. Ulrich Doberenz war 1991-2018 Festivaldirektor, Peter Uhlmann lange Jahre Büroleiter. Manfred Wagenbreth berichtete für MDR KULTUR. Jürgen B. Wolff ist von Beginn an Chef-Gestalter (2012 dafür mit dem Deutschen Weltmusikpreis geehrt). Zum Gestalter-Team gehören mit Gabi Lattke und Ulrike Triebel zwei weitere Folkländer-Mitglieder. Hier Jürgen B. Wolffs Plakatmotiv von 1993 (Sammlung Wolfgang Leyn).

2021 | Nachdem die Band mit wechselnden Namen und Besetzungen bis in die 2000er Jahre spielte (Bierfiedler, Sieben Leben), kam sie 2021/22 im Windschatten von Corona wieder unter ihrem alten Namen zusammen. Mit den CDs „So viele Wege Vol. 1 und 2“, tourt Folkländer seitdem hin und wieder. Die erste der beiden CDs wurde Ende 2021 mit dem Vierteljahrespreis der Deutschen Schallplattenkritik ausgezeichnet (Cover: Jürgen B. Wolff und Gabi Lattke). 2023 erhielt Folkländer beim Rudolstadt-Festival den Deutschen Weltmusikpreis fürs Lebenswerk.

Und so klang Folkländer 1982 (LP "Wenn man fragt, wer hat's getan ...", AMIGA (8 45 219):

Die Gesellenwoche - Widele wedele / Ältester Schottisch - Branle / Bettlerlied - Schottisch / Zwiefacher - Der Deserteur - Gute Nacht, auf Wiedersehen, Marie - Auf, du junger Wandersmann - Auswandererlied - Heit giehts nôch Sachsen naus - Der deutsche Philister - Ballade von den Seeräubern - Der Herr vom Falkenstein - Mönch und Nonne / Böhmische Polka - Nachtwächterlied

1996 Neuauflage als CD mit sieben Bonus-Tracks bei R•U•M•Records LZ 2192, erhältlich über http://www.loewenzahn-verlag.com/Seiten/bierfiedler.html