CD-Tipp: Musikalische Zeitreise durchs Volksliedrevival | 19.11.21

Bernhard Hanneken legte parallel zu seinem (auf dieser Website rezensierten) Buch "Deutschfolk - Volksliedrevival in der BRDDR" eine CD-Box mit Aufnahmen aus mehr als 50 Jahren vor - zwölf Silberscheiben mit einer Gesamtdauer von 910 Minuten, dazu ein ausführliches Booklet. Wolfgang Leyn hat bei den CDs "Rosinen gepickt" und hat sich auch das beiliegende Heft näher angeschaut.

Nein, man muss Bernhard Hannekens dickes Buch über das "Volksliedrevival in der BRDDR" nicht lesen, um mit den über 200 Musiktiteln aus einem reichlichen halben Jahrhundert Volkslied-Revival etwas anfangen zu können, doch schaden kann es natürlich nicht. Das 172-seitige, sehr informative und reich illustrierte Beiheft der CD-Box ist ein eigenständiges Werk mit 40 Band-Porträts beider deutscher Folkszenen (inklusive der heute gemeinsamen). Diejenige in der DDR ist angemessen vertreten, noch deutlicher wird das bei den ausgewählten Aufnahmen. Den einzelnen CDs sind thematische Kapitel zugeordnet, am Schluss gibt es eine Linkliste von Musiker-Webseiten.

Nein, man muss nicht alle zwölf CDs hintereinanderweg hören (über 15 Stunden!). Man kann Rosinen picken. Das habe ich getan, belohnt durch Wissenszuwachs und Hörgenuss. Sind die die ausgewählten Aufnahmen repräsentativ? Für den Osten würde ich das bestätigen, über den Westen und seine Szene(n) weiß ich zu wenig. Was dagegen sofort auffällt: Eine der wichtigsten Gruppen fehlt - das Duo Zupfgeigenhansel. Wer hier Ignoranz vermutet, irrt sich. Hanneken bemühte sich um die Veröffentlichungsrechte, bekam sie aber nicht. Aus Ostfolk-Sicht besonders verdienstvoll sind die beiden Zugabe-CDs: Nr. 11 mit dem Live-Mitschnitt der Leipziger Band Folkländer 1982 vom Festival des politischen Liedes in Ostberlin und Nr. 12 mit dem Programm von Wacholder aus Cottbus mit Liedern der Revolution von 1848, uraufgeführt 1984.

Nein, man muss nicht alle Ordnungsprinzipien der CD-Box nachvollziehen können. Bei der Zusammenstellung war ja kein Musikethnologe am Werk. Hanneken war jahrelang Chefredakteur des westdeutschen Szenemagazins "FolkMICHEL", mit guten Kontakten in die DDR. Seit 1991 ist er Programmdirektor des Festivals in Rudolstadt. Als einer der besten Kenner der Materie präsentiert er dem interessierten Publikum quasi als DJ neben den wichtigsten auch seine liebsten Stücke ("Schöne Worte, schöne Klänge", "Auch schön").

Ja, ich kann allen, die wissen möchten, wie denn das vielstimmige deutsch-deutsche Folk-Revival geklungen hat, das Paket mit den zwölf CDs wärmstens ans Herz legen. Auch als Geschenk (für den oder die Richtige) eignet es sich.

Angaben zur CD-Box:

Deutschfolk - Soundtrack zum Volksliedrevival in der BRDDR
Box mit 12 CDs, 228 Tracks, 910'
172-seitiges Booklet
Label: NoEthno 2003-2014
LC 10658 – EAN 4250095884245

Die Preise der verschiedenen Anbieter differieren erheblich, NoEthno ist am günstigsten.
Bei Bear Family kann man in die Aufnahmen reinhören.

Mehr über Bernhard Hannekens Buch:

"Deutschfolk. Das Volksliedrevival in der BRDDR" – Rezension 1 (Hanni Bode) | 02.07.21
"Deutschfolk. Das Volksliedrevival in der BRDDR" – Rezension 2 (Peggy Luck) | 09.07.21