VON WOLFGANG LEYN
Ist das Folk? Die Instrumente der drei Musiker von LIND stehen für ganz unterschiedliche Genres: Benni „Cellini“ Gerlach spielt das Klassik-Instrument Violoncello auch mal in einer Gothic-Rockband, Karl Helbig musiziert auf Saxofon und Tuba, die verbindet man eher mit Jazz. Tim „Doc Fritz“ Liebert dagegen ist ein liederschreibender Freund des thüringischen Volksmusikinstruments Waldzither und spielt außerdem Mundharmonika, sprich Blues Harp. Alle drei singen auch. Sie kennen sich schon aus dem Jenaer Weltmusikorchester Folkdestille, das 2010 beim Plauener FolkHerbst mit dem „Eisernen Eversteiner“ ausgezeichnet wurde. Gerlach und Helbig treten im Duo als Land Über auf.
„De Leit“, Titellied der LIND-CD, auf Hochdeutsch „die Leute“, ist ein Runda. In Tim Lieberts vogtländischer Heimat-Mundart nennt man so die vierzeiligen Liedchen, die früher auf dem Dorf zum Tanz gesungen wurden. Auch „Winnerling“ ist ein Runda. Ein therapeutischer sozusagen: Ein Betrunkener soll überredet werden, nun heimzugehen "alleweil saufen is auch net so schie!" Vier Tracks auf der Silberscheibe sind im Dialekt, alle zehn atmen Heimatverbundenheit. Mal geht es um die erwachende Natur im April, mal um den Juliwind an der Ostseeküste, mal um das Erwachen am Berg in den Alpen. Der Volkslied-Klassiker über den Lindenbaum erhielt eine Trad-'n'-Roll-Melodie. Das eindringlichste Lied auf der CD erinnert an das Elbhochwasser vom Juni 2013 und warnt vor der verbreiteten Sorglosigkeit.
Die Stücke sind gekonnt arrangiert und exzellent abgemischt. Musik voller Freundlichkeit, Poesie und leiser Melancholie, wunderbar geeignet zum Innehalten in unruhigen Zeiten. Ist das Folk? Ich weiß es nicht. Aber vielleicht ist das gar nicht wichtig. Im Booklet steht der Satz „LIND ist unser Versuch, genreübergreifende Musik von Zuhause zu spielen“. Für meinen Geschmack ist der vollauf gelungen.